Billige Auslandstelefonate noch nicht bei allen Providern (Update)
Nicht alle Provider setzen EU-Vorgaben zu Auslandstelefonaten um
Bild: dpa
Seit dem heutigen 15. Mai ist es so weit: Die EU schafft ein Problem ab, das sie mit der Einführung des regulierten EU-Roamings 2017 eigentlich erst geschaffen hatte: Dass Telefonate vom Heimatland in ein EU-Land weiterhin teuer blieben, verursachte bei EU-Bürgern zahlreiche Missverständnisse (sogar bei Politikern). Seit heute zahlen Verbraucher, die von ihrem Land aus in ein anderes EU-Land telefonieren, maximal 19 Cent pro Gesprächsminute und 6 Cent pro SMS-Nachricht, jeweils zuzüglich Mehrwertsteuer. Und das vom Festnetz und vom Handy aus.
Bereits im Vorfeld hat teltarif.de darüber berichtet dass trotz dieser regulierten Obergrenzen Kostenfallen bleiben werden und dass die Regulierung auch für Call-by-Call-Anbieter gilt. Und mit dem heutigen Tag zeigt sich: Offenbar haben sich nicht alle Provider gut auf diesen Tag vorbereitet. teltarif.de hat zahlreiche falsche Preislisten entdeckt - und vermutlich wird es Anbieter geben, die die Vorgabe dauerhaft und ungestraft ignorieren werden.
Vodafone, Klarmobil und mobilcom-debitel
Nicht alle Provider setzen EU-Vorgaben zu Auslandstelefonaten um
Bild: dpa
Vodafone beispielsweise hat erst am heutigen Vormittag die Preislisten für DSL- und Kabelanschlüsse aktualisiert, die Mobilfunk-Preisliste für Laufzeit-Verträge war um 13 Uhr immer noch auf dem Stand von Januar 2019 mit Preisen zu EU-Zielen, die oberhalb des von der EU regulierten Preises liegen. Die Preislisten für Prepaid-Tarife hatte Vodafone schon im April aktualisiert, der Rest soll folgen.
Auch die Marken der freenet-Gruppe haben erst am Vormittag des 15. Mai ihre Preislisten für Auslandstelefonate aktualisiert - und auch nur teilweise. Klarmobil macht in der generellen Preiliste für Auslandstelefonate nun eine klare Unterscheidung zwischen Privat- und Geschäftskunden: Für Privatkunden kosten Auslandstelefonate nun exakt den von der EU erlaubten Maximalpreis von 22,61 Cent inklusive Mwst. pro Minute und 7,14 Cent pro SMS inklusive Mwst. Geschäftskunden, für die die neuen EU-Obergrenzen nicht gelten, zahlen hingegen 99 Cent pro Minute in EU-Länder sowie 29 Cent pro SMS - bei identischer Leistung. Einige Einzel-Preislisten diverser Klarmobil-Tarife enthielten zur Mittagszeit aber immer noch die alten Tarife.
Auch mobilcom-debitel hat die Änderung erst am Vormittag des 15. Mai in seine Preislisten eingepflegt und eine Unterscheidung zwischen Privat- und Geschäftskunden vorgenommen. Geschäftskunden bei mobilcom-debitel zahlen für eine SMS in EU-Länder nun sogar 39 Cent pro SMS, also mehr als das fünffache wie Privatkunden.
Call by Call: Nicht alle haben Vorgaben umgesetzt
Bei einigen Call-by-Call-Anbietern war in den vergangenen Tagen eine fast hektische Aktivität zu beobachten, die neuen Preisobergrenzen in die Preislisten einzupflegen und an teltarif.de zu melden. Dennoch zeigt der Call-by-Call-Tarifvergleich, dass offenbar noch nicht alle Anbieter die Obergrenzen umgesetzt haben.
Die 01051 beispielsweise hatte bis zum Redaktionsschluss dieses Artikels weder die Preise auf ihrer Webseite aktualisiert noch korrigierte Preise an unsere Redaktion übermittelt. Insbesondere in die Mobilfunknetze diverser EU-Länder werden weiterhin Preise von über 30 Cent pro Minute berechnet.
Auch auf der Preisliste von atellio mit der Vorwahl 01094 finden sich immer noch Tarife mit beispielsweise 40 Cent pro Minute in die Mobilfunknetze der baltischen Staaten.
Bei Gesprächen zu ausländischen Nummern sollten Nutzer von Call by Call also vor jedem Telefonat einen Blick in unseren Tarifvergleich werfen und exakt auf das jeweilige Gesprächsziel achten. Außerdem ist es wichtig, vor dem Rufaufbau auf die verpflichtende Tarifansage zu hören und gegebenenfalls das Telefonat sofort zu beenden, wenn der Preis über den EU-Vorgaben liegen sollte.
VoIP, Callback, Callthrough, Ethno-Discounter & Roaming-SIMs
Bei VoIP, Callback und Callthrough stellt sich die Frage, ob die enstprechenden Anbieter, die oft im (außereuropäischen) Ausland sitzen, überhaupt dazu verpflichtet sind, sich an die EU-Vorgaben zu halten. teltarif.de hat diesbezüglich bei der Bundesnetzagentur angefragt, um zu ermitteln, ob die EU-Vorgaben für alle Provider gelten, die ihren Firmensitz in der EU haben oder alle, die Telefoniedienstleistungen zwischen zwei EU-Staaten anbieten. Auf jeden Fall dürfte es für EU-Gerichte und europäische Regulierungsbehören schwierig werden, Provider zur Einhaltung von EU-Vorgaben zu zwingen, die irgendwo in Asien oder anderswo außerhalb der EU lediglich eine Postfach-Adresse haben.
Interessant ist der Fall auch bei den Ethno-Discountern, die bislang ein spezielles Preismodell für Auslandstelefonate hatten. Anbieter wie Ortel Mobile beispielsweise boten in manche EU-Länder einen günstigeren Minutenpreis als innerhalb Deutschlands, kassierten dafür aber einen einmaligen Zusatzbeitrag von bis zu 15 Cent pro Anruf. Dies hatte zur Folge, dass diese Tarife insbesondere für seltene und dafür längere Telefonate ins Ausland attraktiv waren, nicht aber für häufige kurze Gespräche.
Ortel Mobile hat die Preise nun so gestaltet, dass bei der Summe aus Minutenpreis und Einmalpreis die EU-Obergrenzen zwar eingehalten werden, die Kombination kann aber je nach Zielland unterschiedlich sein. Lycamobile verlangt beispielsweise nach Belgien Mobil 15 Cent pro Minute plus 15 Cent einmalig. Lebara kassiert zu Belgien Mobil 22 Cent pro Minute plus einmalig 19 Cent. Beide überschreiten in der Summe also die EU-Obergrenzen. Ob derartige Preismodelle den EU-Vorgaben wirklich entsprechen, ist noch nicht geklärt.
Ähnlich wie bei VoIP, Callback und Callthrough liegt der Fall auch bei internationalen Roamig-SIM-Karten. Auch hier können nach dem 15. Mai Minuten- und SMS-Preise auftauchen, die oberhalb der EU-Regulierung liegen, insbesondere dann, wenn die Firmen ihren Sitz außerhalb der EU haben.
Update 16:45 Uhr: Lebara berechnet wohl Preise laut EU-Regulierung
In Reaktion auf unseren Bericht schreibt ein Sprecher von Lebara: "Unsere Kunden können schon seit gestern Abend konform zur EU-Regulierung günstig ins EU-Ausland anrufen. Jedoch wird dies gerade auf unserer Website nicht dargestellt, was aber in Kürze angepasst wird."
Wir stellten die Rückfrage, ob die einmalige Verbindungsgebühr zusätzlich zu den EU-Maximalpreisen berechnet werden darf oder ob die Summe aus Minutenpreis und Verbindungsgebühr den EU-Maximalpreis nicht überschreiten darf. Dazu schrieb Lebara: "Die Summe aus Verbindungsgebühr und Minutenpreis darf den EU-Maximalpreis nicht überschreiten (siehe BEREC Guidelines on intra-EU communications). Lebara berechnet für Anrufe ins EU-Ausland in der ersten Minute 1 Cent plus 19 Cent Verbindungsgebühr, somit liegen wir unter dem EU-Maximalpreis. Ab der 2. Minute gilt der reguläre Minutenpreis bis maximal 22 Cent pro Minute." Ende des Updates.
2. Update 16. Mai, 15:45 Uhr: Vodafone äußert sich zu Preislisten
Vodafone reagiert auf unseren Bericht und schreibt: "Wir haben die neuen Preise zur EU-Regulierung pünktlich mit Inkrafttreten – teilweise sogar vorher – umgestellt und veröffentlicht. Postpaid-Kunden finden die Preise hier. Die Prepaid-Preise sind hier veröffentlicht. Kunden, die Gespräche ins EU-Ausland, Island, Liechtenstein und Norwegen führen, werden selbstverständlich korrekt abgerechnet. Eine Aktualisierung der im Artikel erwähnten Preisliste (InfoDok 100) erfolgt kurzfristig in den nächsten Wochen. Die in Ihrem Beitrag erwähnte Preisliste (InfoDok 100) wird in regelmäßigen Aktualisierungszyklen in den nächsten Wochen angepasst." Ende des 2. Updates.
3. Update 20. Mai: BNetzA erläutert weitere Details
Die Bundesnetzagentur hat nun auf unsere oben geschilderten offenen Fragen Antwort gegeben. Mehr dazu finden Sie in einem separaten Artikel: Auslands-Tarife mit Einwahlgebühr weiter erlaubt.