Telekom und VATM: Aus für "Call by Call" Ende 2024
Die Deutsche Telekom wird am 31. Dezember 2024 das sogenannte "Offline-Billing" beenden. Über dieses Verfahren konnten Verbindungen zu Mehrwertdiensten "nachträglich" abgerechnet werden, auch wenn das Gespräch schon beendet war. Die Daten wurden dann nachträglich zum Festnetzanbieter des Nutzers (meistens Telekom) weitergereicht.
Da der VATM zahlreiche Mehrwert-Rufnummern-Dienstleister vertritt, war eine Nachfolgeregelung notwendig, die jetzt "Online-Billing" genannt wird. Konkret geht es um die Vorwahlen 0900 oder 0137 (Mehrwertdienste), 0180 (ehemalige "Cost-Shared-Nummern") und die 118xy für Auskunftsdienste.
Nach intensiven und fairen Verhandlungen haben sich Telekom Deutschland und der VATM geeinigt
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Jürgen Grützner, Geschäftsführer des VATM, erwähnte die "massive Unterstützung" durch den Geschäftsführer des Rufnummern-Spezialisten dtms, Karsten Rudloff, der die "Service und Dienstesparte" im VATM repräsentiert. Rudloff lobt die Telekom, bei der man "harte aber immer faire Verhandlungspartner" vorfand. Solche komplizierten monatelangen Verhandlungen zum Thema Abrechnungen in Deutschland hatte es das letzte Mal zu Beginn der Liberalisierung vor über 20 Jahren gegeben.
Was ändert sich?
Auskunfts- und Service-Rufnummern im Premium-Rate-Bereich (0900, 0137, 118xy) können nun auch nach dem 31. Dezember 2024 weiter betrieben werden. Dabei werden die Kosten für Endnutzer aus dem Festnetz und Mobilfunk ab dem Zeitpunkt der Umstellung erstmalig einheitlich sein. Bisher war es vom Mobilfunk fast immer teurer als die gleiche Nummer vom Festnetz.
Update zur Klarstellung: Die Kosten für die Vorwahlen 0137x und 0180x waren bereits seit dem 01.04.22 bzw. dem 01.12.21 einheitlich. (Ende des Updates)
Nach Brancheninformationen wird es - wie früher bei der Vorwahl 0190 - wieder ein Tarifraster (festgelegte Tarifstufen, die der Anbieter bei der Ersteinrichtung seiner Nummer auswählen kann) geben. Diese Preisstufen sind dann aber einheitlich. Vor dem eigentlichen Verbindungsaufbau zum Mehrwert-Anbieter erfolgt weiter eine Preisansage. Legt der Anrufer nach Hören dieser Ansage sofort auf, kostet die Verbindung nichts.
Anrufe zu Auskunftsdiensten könnten dann z.B. pro Minute (0,49 bis 2,99 Euro) oder pro Minute (0,99 bis 1,99 Euro plus einen einmaligen Grundpreis (0,49 oder 0,99 oder 1,99 Euro) kosten. Die genauen Werte sind noch nicht final entschieden.
Bundesnetzagentur einbezogen
Die geplante Änderung des Abrechnungsmodells ist mit einer Änderung der Zuteilungspläne für Auskunfts- und Premium-Dienste durch die Bundesnetzagentur verbunden. Mit der neuen Lösung können Anrufe zu diesen Rufnummerngassen einfach realisiert werden und die Service Rufnummern sind entsprechend der EU-Vorgabe "Any to any" auch aus allen Netzen wirklich erreichbar. Die Bundesnetzagentur wurde in den Stand der Verhandlungen einbezogen.
Definitiv: Ende von Call-by-Call
Eine Kröte mussten die Wettbewerber schlucken: Mit dem Wegfall des früheren "Offline-Billings" endet auch die Nutzung der Call-by-Call-Vorwahlen. Diese Sparvorwahlen, beginnend mit 010xy, werden ab dem 1. Januar 2025 nicht mehr nutzbar sein. Call-by-Call funktioniert aktuell nur deswegen noch, weil sich VATM und Telekom untereinander verständigen konnten, eine Vorgabe der Bundesnetzagentur für Call-by-Call gibt es schon länger nicht mehr.
Call-by-Call funktioniert nur bei Original-Telekom-Anschlüssen
Schon bisher war Call-by-Call nur bei Original-Festnetz-Kunden der Deutschen Telekom möglich (nicht bei Telekom Magenta-Regio Tarifen). Die ursprünglichen Ideen, Call-by-Call auch vom Handy oder von Anschlüssen aller alternativen Festnetzanbieter zu ermöglichen, scheiterten damals am Widerstand der beteiligten Unternehmen. Der Aufwand wäre im Festnetz gewaltig gewesen, und die Mobilfunker brauchten das Geld für ihren teuren Netzaufbau.
Welche Folgen hat der Wegfall von Call-by-Call?
Da viele Telekom-Festnetzkunden längst mit Flatrates telefonieren, wird das bei Fest-Fest-Verbindungen nicht weiter auffallen. Bei Verbindungen von Fest- zu Mobilfunk gibt es aber noch zahlreiche Tarife, wo anachronistische 19 Cent pro Minute verlangt werden. Wer sich in den Preislisten der Telekom auskennt und an der Hotline darauf besteht, kann auch Festnetz-Tarife buchen, worin eine Flatrate zu Mobilfunk enthalten ist.
Telekom-Kunden, die Festnetz und Mobilfunk bei der Telekom haben, sollten den Magenta-Eins-Vorteil buchen, darin ist die Flatrate zu Mobilfunk ebenfalls automatisch enthalten, und das Datenvolumen des Handyvertrags verdoppelt sich.
Mit dem Wegfall von Call-by-Call am 31. Dezember 2024 wird auch die Preselection (dauerhafte Voreinstellung eines Call-by-Call-Anbieters) endgültig verschwinden.
Eine Einschätzung (von Henning Gajek)
Es sind ungewohnte Töne vom VATM, der in sozialen Medien und in der Pressemitteilung die fairen Verhandlungen mit der Deutschen Telekom ausdrücklich lobt. Das Thema ist kompliziert und enthielt viele Besonderheiten und Fallstricke. Es zeigt aber, dass gemeinsam Erfolge möglich sind.
Vermutlich hätten viele Anwender einem kompletten Wegfall der Vorwahlen 0900 und 0137 keine Träne nachgeweint. Von der Idee war 0900 (als Nachfolger von 0190) für ganz bestimmte Dienstleistungen durchaus sinnvoll. Leider gab es in der Szene viele graue oder schwarze Schafe, die nur auf den schnellen Euro und weniger auf Service aus waren. Das hat der Branche massiv geschadet. Die Telekom entschloss sich beispielsweise, selbst keine 0900-Nummern mehr anzubieten oder zu hosten. Die Vorwahl 0137 findet sich heute noch bei TV-Abstimmungen und Gewinnspielen. Die Zahl der aktiven 0180-Vorwahlen ist aufgrund der komplexen Vorschriften stark zurückgegangen. Wer auf Service Wert legt, ist heute unter der kostenlosen Vorwahl 0800 (international 00800) zu erreichen.
Zwischenzeitlich war die Auskunfts-Vorwahl 118 um drei Stellen erweitert worden, um alle Anbieter zufrieden zu stellen. Das ist inzwischen nicht mehr notwendig, die Gasse 1180xy gilt theoretisch noch als "Reserve". Viele Anbieter haben ihre Dienste zusammengelegt oder schlicht eingestellt, es lohnt sich einfach nicht mehr.
Kein Wunder: Im Zeitalter von Datenschutz und diffusen Ängsten vor Spam-Anrufern lassen sich viele Telefon-Teilnehmer nicht mehr in die Verzeichnisse ("Telefonbuch", "Auskunft") eintragen. Auskunftsdienste, die üblicherweise 2 Euro pro Minute oder noch mehr kosten, sind daher kaum noch sinnvoll nutzbar, weil sie nur die Nummern wissen dürfen, die vom Inhaber "freigegeben" wurden. Viele suchen ihre Rufnummern lieber auf einschlägigen Webseiten wie www.telefonbuch.de oder www.dasoertliche.de - selbst die privaten Konkurrenten bieten das teilweise online und kostenfrei an, z.B. auf www.11880.com (dort aber nur Firmeneinträge).
Einige Auskunftsdienste wollten für viel Geld vorwiegend zu Mehrwert-Diensten vermitteln, ohne die tatsächliche Rufnummer zu verraten. Das ist nicht mehr zulässig. Das Ziel muss auch per Selbstwahl oder von anderen Auskunftsanbietern erreichbar sein. Graue und schwarze Schafe haben viel Porzellan zertrümmert.
Während der Pandemie gab es eine Renaissance der Festnetz-Telefonie und damit auch von Call-by-Call. Leider meinten immer wieder bestimmte CbC-Anbieter, ihre Preise sehr häufig und kurzfristig wechseln zu müssen, um unachtsame Nutzer in die Tariffalle zu locken. Auch die haben der Branche mehr geschadet als genutzt. Bei Anrufen mit Ziel Ausland gilt künftig nur noch der Preis der Deutschen Telekom. Das kann eine spürbare Verteuerung bedeuten. Auf dem Handy nutzen manche Kunden lieber OTT-Apps wie satellite.me oder telefonieren über WhatsApp, Telegram oder den Meta/Facebook-Messenger. Festnetz-Telefonie ist wieder auf dem Rückzug.
Übrigens: Die persönliche Vorwahl 0700 ist nicht betroffen. Hier hat der Gesetzgeber den Minutenpreis auf 9 Cent aus allen Netzen festgelegt. Zur Gleichbehandlung von "normalen Rufnummern" und 0700 - und damit die automatische Einbindung in Flatrates - wollte sich die Branche nicht durchringen.
Noch bleiben etwa 18 Monate Zeit, wo Sie Call-by-Call über ihren Telekom-Festnetz-Anschluss nutzen können. Die passenden Tarife und Vorwahlen finden Sie bei uns.